Desaster BER - Wer trägt die Verantwortung?

Die Hoffnung, dass mit den Jahren genügend Gras über die Baustelle des neuen Flughafen BER in Berlin gewachsen ist, derzeit sind es bereits mehr als 2.500 Tage nach Verschiebung der ersten Eröffnung, hat sich wieder einmal nicht erfüllt.
Ronald Keusch, Foto von ESDES.Pictures
Ronald Keusch, Foto von ESDES.Pictures

Wie in dem legendären Hollywoodfilm mit Bill Murray "Und täglich grüßt das Murmeltier" wird das Publikum wie in einer Endlosschleife mit ständig sich wiederholenden Hiobsbotschaften über die Baustelle BER konfrontiert, weil sich wieder mal jemand gefunden hat, der das gewachsene Gras abmäht. Dieses Mal war der Rasenmäher ein TÜV-Bericht vom 8.3.2019 zum Zustand der Techniksysteme im Fluggastterminal. Die Experten bescheinigten den Managern von der Flughafenbaustelle, dass der geplante Start des neuen Airports im Oktober 2020 wohl sehr stark gefährdet sei und listeten einige Gründe auf, warum das so ist. Nun wissen die Filmkenner, dass es auch in dem Hollywoodfilm mit Murray neben den penetranten Wiederholungen immer auch etwas Neues zu bestaunen gab. Das lieferte jetzt der Berliner FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja mit seiner verbalen Attacke: "Flughafen-Chef Lütke Daldrup hat sich als notorischer Lügner erwiesen, von dem die Steuerzahler keine Wahrheit über den BER erwarten können". Darauf konterte der Flughafenchef über seinen Rechtsanwalt Gernot Lehr, das sei eine "unzutreffende Tatsachenbehauptung, die zugleich beleidigenden Charakter hat" und falls keine Unterlassungsverpflichtungserklärung unterzeichnet werde, empfehle der Anwalt, die "erforderlichen gerichtlichen Schritte einzuleiten". So nachzulesen in der Berliner Zeitung vom 12. April 2019. Der Anwalt brachte auch das Stichwort "gerichtliche Schritte" in die Diskussion. Die Gerichte interessieren sich bei Delikten zumeist auch für konkrete Schadenssummen. Jeder Monat, den der BER nicht in Betrieb geht, kostet 25 Millionen Euro, also täglich eine knappe Million, so errechnete der Tagesspiegel. Nach der BZ kostet jeder Monat, in dem der BER-Flughafen nicht eröffnet, 41,4 Millionen Euro, also sogar 1,3 Millionen jeden Tag. Die Basis der BZ ist übrigens die Website flughafen-berlin-kosten.de, auf der sich die Preisuhr unentwegt dreht. Hier wird die Gesamtsumme umgerechnet und konstatiert, dass mit der Summe zum Beispiel mehr als 6,5 Millionen Kita-Plätze entstehen könnten. Alle diejenigen Berliner, die morgens im Berufsverkehr wie Ölsardinen in der S-und U-Bahn fahren, können ja ausrechnen, wie viele neue S-Bahn- und U-Bahnwagen von dem Geld angeschafft werden könnten. Zurück zum Stichwort "Gerichtliche Schritte einleiten". Der erste Spatenstich zur damals größten Flughafen-Baustelle Europas erfolgte im September 2006. An der Flughafen GmbH, dem Betreiber, sind die Länder Berlin und Brandenburg je zu 37 Prozent und der Bund zu 26 Prozent beteiligt. Also nicht nur der Berliner Senat und die Landesregierung Brandenburg, sondern auch die Bundesregierung und sein Kontrollgremium der Bundestag haben etwas mit der Baustelle zu tun. Doch der Bundestag scheint sich für das nicht enden wollende Desaster nur sehr wenig zu interessieren. Das ist insofern überraschend, weil viele Abgeordnete auch mit dem Flugzeug von Berlin nach Hause in ihre Wahlkreise fliegen. Doch scheinbar fehlt die Zeit dafür, weil man mit anderen wichtigen Anliegen beschäftigt ist wie der Oppositionspartei AfD (eigentlich eine CDU 2.0) - immerhin einer gewählten und nicht verbotenen Partei - die parlamentarisch vorgeschriebene Einsetzung eines Vizepräsidenten des Bundestages mehrfach abzulehnen. Wer ist finanziell für dieses Milliardengrab verantwortlich? Sind es die bisher eingesetzten und wieder abgesetzten Geschäftsführer und Chefs der Flughafen GmbH? Sie scheinen es nicht zu sein, da sie mit Millionen Abfindungen entlassen wurden oder sich entlassen haben. Oder sind es die Ressort-Chefs im Senat, der Landes- oder Bundesregierung, die ja anteilig am BER Verantwortung tragen? Oder sind es diejenigen, die diese Regierung und die Manager zu kontrollieren haben, also Abgeordnete? Gibt es in Deutschland Staatsanwälte, die das wissen könnten? Oder ist dies die berühmte eine Million Dollar Frage? In dem Filmklassiker "Und täglich grüßt das Murmeltier" konnte in Hollywood-Manier der Teufelskreis der Endlosschleife erst dadurch aufgelöst werden, dass der Hauptheld Murray endlich in sich ging, Demut zeigte und sein Handeln veränderte. Doch damit allein können wir alle die Endlosschleife BER nicht beenden.

Marc Vorwerk ist einer der Topfotografen in Berlin und begeistert mit seinen Werken Wirtschaft, Politik und Kultur.
An dieser Stelle gibt es im Wechsel sein bestes Foto exklusiv bei CHEXX.

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