Die Eisenbahn im Klosterhof

Ruppiner Stammtisch präsentiert neue Ausstellung. Die Geschichte der märkischen Stadt Neuruppin wird seit einigen Jahren auch in Ausstellungen erzählt.

Modell vom Bahnhof Paulinenaue, Foto von Ronald Keusch
Modell vom Bahnhof Paulinenaue, Foto von Ronald Keusch

Die Stadt hat das große Glück, dass sich Neuruppiner gefunden haben, die mit Leidenschaft und Kompetenz eine solche Ausstellung Wirklichkeit werden lassen. Alles ehrenamtlich, ohne irgendwelche Zuschüsse! Da ist zum einen der "Stammtisch Ruppiner Geschichte". Ihm gehören mehr als zwei Dutzend Neuruppiner an, die sich teilweise in ihren Berufen und auch in ihrer Freizeit mit der Regionalgeschichte beschäftigen. Und dazu wurde dann noch in der Poststraße mitten in der Altstadt ein wunderbarer Ausstellungsort gefunden: die Gaststätte "Klosterhof". Sie wird seit 20 Jahren von dem studierten Sozialpädagogen Marco Leppin auf einem großen Familien-Grundstück von etwa 2.500 Quadratmetern betrieben. Hier hat sich der handwerklich begabte und an Geschichte interessierte Leppin den Platz für Ausstellungen geschaffen. Bereits vor zehn Jahren erfüllte er sich einen Traum. Er richtete eine alte Tischlerwerkstatt aus seinem Kietz neben dem Klosterhof liebevoll wieder her. Vor zwei Jahren machte hier eine Ausstellung zum Fontane-Jubiläum Schlagzeilen, die als besonderes Exponat den originalgetreu nachgebauten Schreibtisch von Theodor Fontane präsentierte. Darauf folgte die Ausstellung zu den wechselnden Garnisonen der Stadt. In diesem Jahr wurde am 16. Juli die nächste Ausstellung eröffnet mit dem Titel "Ruppiner Eisenbahngeschichte". "Hier wird die gesamte Bahngeschichte des Ruppiner Kreisgebiets erzählt", erläutert Ulrich Bredow, einer der Hauptakteure vom Ruppiner Stammtisch für dieses Projekt. "Sie beginnt mit der stillen Pauline und findet dann heute mit dem Prignitz-Express seine Fortsetzung, mit dem die Neuruppiner nach Berlin kommen."

Eine Besonderheit des Schienenverkehrs per Dampfross im Ruppiner Land bestand darin, so Bredow, dass erst sehr spät, im Jahr 1880, hier die erste Eisenbahn gefahren ist. Zu dieser Zeit existierten in Deutschland bereits 20.000 Bahnkilometer. Ein Grund für die Verspätung sieht Bredow darin, dass die Adligen als Großgrundbesitzer sich lange erfolgreich geweigert haben, die Eisenbahn auf ihr Land zu lassen. Besonders erfolgreich war die Adelsfamilie Quast aus Radensleben, die dafür sorgte, dass die Eisenbahn weit an Radensleben und Wustrau vorbeifährt. Allerdings ist dann in den folgenden 50 Jahren ein sehr dichtes Bahnnetz entwickelt worden, alles in der Verwaltung und der Regie der Ruppiner Eisenbahn AG. Mit einer Ausdehnung von rund 250 Kilometern gehörte diese damit zu den größten Privatbahnunternehmungen im Deutschen Reich. Nach dem 2. Weltkrieg übernahm dann alles die Deutsche Reichsbahn, da war die Zeit der Länder- bzw. Privatbahnen endgültig abgelaufen.

"Ein Schwerpunkt unserer Ausstellung mit insgesamt zehn Ausstellungstafeln liegt auf der stillen Pauline", sagt Ulrich Bredow, "weil wir dazu kleine Modelle von Bahnhöfen zeigen und eine kleine Modelleisenbahn Spur N im Maßstab 1:160 hin und her fahren lassen." Die Modelleisenbahn ist übrigens ständig in Betrieb. Das erste Modell, das Eisenbahn-Freak Ulrich Bredow nachbaute, war der Bahnhof Paulinenaue und dann kamen weitere Modelle hinzu. Nach alten Plänen und Fotos hat Bredow die Modelle aufbereitet und wie er schmunzelnd gesteht, mit Liebe zusammengeklebt.

In der Ruppiner Eisenbahn-Geschichte folgte die nächste Strecke Wittstock-Kremmen, eine Nord-Südverbindung und damit wurde eine Möglichkeit geschaffen, erstmals nach Berlin zum Stettiner Bahnhof hineinzufahren. In den 30er Jahren fuhren nach Berlin Triebwagen, die Konzessionen mit den Staatsbahn-Strecken hatten, da dauerte eine Fahrt eineinhalb Stunden, etwa so wie heute. Mit dem Bau der Mauer führte der Weg nach Berlin über den Außenring, es wurde komplizierter und dauerte länger. "Die Ausstellung wendet sich", so ist sich Bredow sicher, "nicht nur an den Eisenbahnfan, sondern an alle Interessierten, sie ist anschaulich und verständlich, es gibt viele Bilder und die Tafeln sind auch nicht zu textlastig."

Hausherr und Gastwirt Marco Leppin kann mit dem Thema der Ruppiner Eisenbahn seine Tradition fortsetzen. Sein Gasthof mit einer wunderbaren Gartenanlage und gut bürgerlicher Küche ist zugleich ein Haus für kleine aber feine Ausstellungen zur Regionalgeschichte von Neuruppin und seit mehr als zehn Jahren für Weihnachtsgeschichten. Mittlerweile sind in seinem Magazin für Weihnachten sage und schreibe 146 Figuren aus insgesamt 22 Märchen eingelagert. Pünktlich zum 1. Advent werden die Märchenfiguren auf dem großen Gelände wieder platziert, zusammen mit Figuren aus einem neuen Märchen. Welches Märchen im Dezember 2021 neu dazukommt, das will Marco Leppin noch nicht verraten. Die Ausstellung zur Ruppiner Eisenbahngesellschaft wird noch bis zum 26. September zu sehen sein.

Marc Vorwerk ist einer der Topfotografen in Berlin und begeistert mit seinen Werken Wirtschaft, Politik und Kultur.
An dieser Stelle gibt es im Wechsel sein bestes Foto exklusiv bei CHEXX.

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