Neustart im Museum Barberini

Ausstellung zu Russischen Impressionisten in Potsdam eröffnet.

Ausstellung, Foto von Ronald Keusch
Ausstellung, Foto von Ronald Keusch

Der Direktorin Ortrud Westheider vom Museum Barberini in Potsdam wollte auf der online Pressekonferenz ihre Genugtuung nicht verbergen. Ihr Mitarbeiterteam und viele Partner hatten es geschafft. Endlich war es so weit. Die Ausstellung "Impressionismus in Russland. Aufbruch zur Avantgarde" konnte nun am 28. August eröffnet werden. Schier unvorstellbar der Werdegang dieser Ausstellung. Sie war bereits komplett aufgebaut und sollte vom 7. November letzten Jahres hier im Potsdamer Museum gezeigt werden. Mehr als 80 Leihgaben hatten bereits ihren Weg nach Potsdam gefunden, eine in COVID-Zeiten kleine logistische Meisterleistung. Und dann blieben die Türen des Barberini aufgrund der durch Politiker verhängten Pandemie-Maßnahmen geschlossen. Für die Ausstellung der russischen Maler wurde Monate später ein Ersatzort in Baden-Baden mit dem Museum Frieder Burda gefunden, allerdings war auch dieses Museum zeitweise von Schließungen betroffen. Und nun wieder Potsdam, das damit auch seinen Ruf als Metropole für impressionistische Malerei in Deutschland bestätigt.

"Es gibt keinen besseren Platz für die Präsentation der russischen Impressionisten als das Museum Barberini", so das Urteil von Zelfira Tregulova, Direktorin der Tretjakow-Galerie in Moskau. Aus der Tretjakow-Sammlung stammt eine ganze Reihe von hier in Potsdam ausgestellten Gemälden. Alle diese Werke aus Moskau, Kasan, New York, Madrid, Amsterdam und auch aus der Sammlung von Hasso Plattner, dem Gründer des Barberini-Museums, zeigen den bislang in Westeuropa wenig bekannten Weg, den russische Künstler zwischen 1860 und 1925 eingeschlagen haben. Nach Begegnungen mit den Werken französischer Impressionisten wie Claude Monet oder Auguste Renoir ließen sie sich von ihren Themen und der Malweise anregen. "Die wichtigsten russischen Maler haben ihren künstlerischen Weg als Impressionisten angefangen", sagt Alla Chilova, die Gastkuratorin, die gemeinsam mit Barberini-Direktorin Westheider die Ausstellung von mehr als 80 Gemälden betreute. Die Begegnungen mit impressionistischer Malerei und mit der Kunstmetropole Paris inspirierte Maler wie Ilja Repin oder Valentin Serow und "befreite sie vom Regelwerk des akademischen Realismus in Russland". Das Malen unter freiem Himmel veränderte die russische Kunst. Das Thema Landschaft wurde populär, wie durch eindrucksvolle Arbeiten in der Ausstellung zu bestaunen. Das zeigt sich an Bildern von Ilja Repin und Wassili Polenow sowie ihren Schülern Konstantin Korowin und Valentin Serow. Ein Bewunderer von Landschaftsmalerei der großen französischen Impressionisten und ihrem Umgang mit dem Licht wird auch hier mit den russischen Werken ganz bestimmt auf seine Kosten kommen. Kuratorin Alla Chilova machte darauf aufmerksam, dass ein Schwerpunkt der Präsentation auf drei Künstler gerichtet ist, das Künstlerpaar Natalja Gontscharowa und Michael Larionow sowie Kasimir Malewitsch. Er war nicht nur Künstler, sondern auch ein Theoretiker. Sie begannen als Impressionisten und haben die Landschaftsmalerei als ein Experimentierfeld angesehen und in eine kubistische und futuristische Richtung weiterentwickelt.

Direktorin Westheider hob in diesem Zusammenhang je ein Bild von Repin und von Malewitsch hervor. Das Bild von Repin "Auf dem Feldrain" aus dem Jahr 1879 entstand nach seinem Besuch mit einem Stipendium in Paris. Dort traf er auf vielfältige Weise mit dem Impressionismus zusammen. Wieder in Russland malte er in einem kleinen Format ein Bild, das seine Familie auf einem Feldweg in einer Weise zeigt, wie es auch Monet und Renoir gemalt hätten. Er bringt als einer der ersten Maler diese Ideen mit nach Russland. Das berühmte Werk "Weiß auf Weiß" von Malewitsch bildet beim Rundgang wie ein Resümee den Abschluss der Ausstellung. Es zeigt die Inspirationen und künstlerischen Entwicklungen, die der russische Impressionismus für den Aufbruch zur Avantgarde hervorbrachte. Die Ausstellung will der Fachwelt etwas Neues bieten, so Westheider. Gleiches und noch viel mehr gilt für das Kunst interessierte Publikum, denn für viele sind die russischen Impressionisten absolutes Neuland. Schon die ersten Ausstellungstage zeigen, welch großes Interesse bei den Kunstfreunden vorliegt, viel ist bereits ausverkauft. Zwar werden derzeit auch noch an den Kassen des Museums Tickets verkauft, aber der effektivste Weg ist, ein online Zeitfenster zu buchen. Leider ist die Besucherzahl durch Ämter in Stadt und Land stark begrenzt. Es darf in Pandemie-Zeiten nur ein stark reduziertes Kartenkontingent von 660 Tickets, etwa ein Drittel der normalen Kapazität verkauft werden. Auf der online Pressekonferenz und im Gespräch mit Achim Klapp vom Pressebereich des Museums ist unverzagt das Prinzip Hoffnung angesagt. Das Museum hat erfolgreich umfassende Schutz- und Hygienemaßnahmen entwickelt. Jetzt liegt die Verantwortung bei Politikern, dass das Barberini mit seiner sehenswerten Ausstellung dieses Mal geöffnet bleibt.

Wer einen kleinen Vorgeschmack auf die Ausstellung bekommen möchte, sollte unbedingt die hervorragende Website des Museums mit einem 360-Grad-Rundgang besuchen. Aber - und das kann ich aus eigenem Erleben sagen - so gut die digitale Museumspräsenz auch immer sein mag, nichts ist beeindruckender, als vor einem Bild zu stehen und es in Ruhe live bewundern zu können.

Text und Fotos von Ronald Keusch

Marc Vorwerk ist einer der Topfotografen in Berlin und begeistert mit seinen Werken Wirtschaft, Politik und Kultur.
An dieser Stelle gibt es im Wechsel sein bestes Foto exklusiv bei CHEXX.

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