Man kann nur noch Abschalten

Nein, ich kann sie nicht mehr hören, diese piepsigen Moderatorinnen-Stimmen, dieses belanglose und bemüht fröhliche Gequatsche.

Man kann nur noch Abschalten. Foto von ESDES.Pictures
Man kann nur noch Abschalten. Foto von ESDES.Pictures

Egal, was sie vermelden, ob den Wetterbericht oder die neueste Aktion der Klima-Kleblinge oder irgendeine überflüssige Promi-News oder ob die Politiker mal wieder zig Milliarden aus dem Fenster geworfen haben - immer klingt es, als ob sie gerade einen Sechser im Lotto gewonnen haben und das nun hochjauchzend aller Welt mitteilen müssen. Ich erinnere mich noch an die Management-Seminare, die ich in meinem Business-Leben besucht und später als Lektor gegeben habe, zu denen auch ein Sprachtraining gehörte. Da wurde man angehalten, möglichst ruhig und mit tiefer Stimme zu sprechen. Eine tiefe Stimme ist attraktiv, ist vertrauensbildend, und strahlt Kompetenz und Sicherheit aus. Wer Erfolg im Beruf haben wollte, brauchte neben der fachlichen Eignung auch die nötige Ausstrahlung. Dazu gehört eben auch die Sprache und das Timbre der Stimme war dann das i-Tüpfelchen. Hektisches Gepiepse, so wie wir es heute auf allen Kanälen von Fernsehen und Radio hören, ist in der Industrie verpönt, egal, ob man da in einer Top-Management-Position ist, oder im Rechenzentrum die Server überwacht, denn es suggeriert Oberflächlichkeit und Unvermögen. Vor 20, 30 Jahren habe ich noch Talkshows, Frühstücksfernsehen oder Tagesschau gesehen. Die Sendungen von "Monitor" mit Klaus Bednarz, der Vollblut-Journalist Mister Tagesschau Hajo Friedrichs, die Interviewreihe "Zur Person" von Günter Gaus, die Gespräche von Wolf Schneider in der NDR-Talkshow, die Reportagen von Reporterlegende Gerd Ruge oder die genialen, leicht genuschelten Statements des Grandseigneur der Krisenberichterstattung Peter Scholl-Latour - das waren Sternstunden des Journalismus, an die man sich noch heute erinnert. Oder die Kabarettsendungen des Scharfen Kanals mit Peter Ensikat, des Kom(m)ödchens mit Lore Lorentz, des Scheibenwischers mit Dieter Hildebrandt oder Georg Schramm als Rentner Lothar Dombrowski. Da gab es noch ein politisches Kabarett, was seinen Namen verdiente und sich nicht den herrschenden Parteien andiente. Da war eine Nachricht noch eine Nachricht und keine politische Indoktrination. Da gab es noch investigativen und unabhängigen Journalismus und keine Sprechpuppen. Da gab es noch Politiker von Format und Bildung und keine woken Gutmenschen. Da wurde noch argumentiert und diskutiert anstatt gecancelt oder einfach nur totgeschwiegen.

Fernsehen ertrage ich schon lange nicht mehr - keine einzige Minute. Es ist zum reinen Propaganda-Instrument geworden, mit einseitig manipulierter und manipulierender Berichterstattung. Nicht einmal den Tatort kann man sich mehr ansehen - da muss jetzt natürlich ein People-of-Color Kommissar ran, das Opfer ist natürlich entweder Transgender oder Asylbewerber und der Täter selbstverständlich wahlweise Nazi, Reichsbürger oder alter weißer Mann. Oder am besten gleich ein Polizei-Nazi wie im neuesten Tatort Krimi zu Ostern, damit auch ja das Faeser-Narrativ von der rechten Unterwanderung der Sicherheitsorgane bedient wird. Da lob ich mir Götz Georges guten alten Kriminalkommissar Schimmi. Zumindest blieb bisher noch das Radio. Die Nachrichtensendungen wurden leise gestellt, die Musik war ja meistens noch anhörbar. Aber nun diese plappernden Moderatoren, die uns mit ihrem belanglosen Gequatsche zumüllen. Hinzu kommt jede Stunde der mit unserem Steuergeld bezahlte Werbeblock: Nachdem das Stimmvieh an die Nadel getrieben werden sollte ("Ärmel hoch"), nachdem eine Oma uns mit zittriger Stimme aufgefordert hat, für den Frieden zu frieren ("Damit wir gut durch den Winter kommen"), hört man jetzt die dröge Stimme eines Arztes aus dem Off, der mich belehrt, wie wichtig doch die Gürtelrose-Impfung ist. Gleich danach piepsen dann eine nervende Plaudertasche von Journalistin und eine Franziska Giffey im Äther um die Wette. Einfach grauenhaft. Da hilft dann nur noch der rote Knopf der Fernbedienung.

Man fragt sich unwillkürlich, warum heute Sprache und Stimme bei Funk und Fernsehen anscheinend keine Rolle mehr spielen. Ist es heute nicht mehr wichtig, glaubhaft zu sein, Fakten objektiv und ausgewogen zu präsentieren? Die Antwort ist so einfach wie niederschmetternd. Sie haben keine Nachrichten mehr zu senden. Der Hörer soll sich gar nicht eine eigene Meinung bilden. Die Medienmanipulation ist schon so weit fortgeschritten, dass man sich gar nicht mehr den Anschein geben muss, seriös zu sein. Ich glaube, ich werde mir doch eine Alexa zulegen. Bisher habe ich sie als neumodischen überflüssigen Kram abgetan, aber sie hat einen Riesen-Vorteil: Sie spielt genau das, was ich möchte. Sie beantwortet Fragen, die ich gestellt habe, anstatt mich mit Plattitüden zu überschütten. Garantiert werbefrei, ohne Agitation und Propaganda. Sie hat auch eine angenehme Stimme. Und wenn ich die dann doch mal über habe, es gibt sie auch mit männlicher Stimmlage. Sie heißt "Ziggy"! Und das klingt in meinen Ohren wirklich gut.

Marc Vorwerk ist einer der Topfotografen in Berlin und begeistert mit seinen Werken Wirtschaft, Politik und Kultur.
An dieser Stelle gibt es im Wechsel sein bestes Foto exklusiv bei CHEXX.

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