So ein erfolgreiches Revival gelang schon vor anderthalb Jahren mit der Aufführung der Farce und Travestie-Komödie "Charlys Tante" Am 22. Oktober hatte nun der Komödien-Klassiker "Das seltsame Paar" seine Premiere. Das Stück stammt aus der Feder von Neil Simon, dem ungekrönten König des Broadway-Theaters in Manhattan und Autor von Filmskripts, die zu absoluten Kino-Kassenschlagern wurden. Der gleichnamige Hollywoodfilm aus dem Jahr 1968 gehört dazu und verhalf den Hauptdarstellern Jack Lemmon und Walter Matthau zu einem grandiosen Welterfolg.
Die Handlung des Stückes ist schnell erzählt. Ein Freundeskreis von Oskar trifft sich regelmäßig in seiner Wohnung zum Kartenspiel. Seit Oskar von seiner Frau geschieden ist, lässt er sein zu Hause in Unordnung und Chaos versinken. Und die Lebensmittel aus dem Kühlschrank sind voll abgelaufen - eben eine Junggesellen-Behausung. Als sich dieses Mal sein Freund Felix zur Männerrunde verspätet, hat ihn seine Frau nach 20 Jahren Ehe aus der Wohnung geworfen und er ist völlig konfus. Sein Freund Oskar nimmt ihn auf und schon bald beginnt in der Männer-WG eine Beziehungskrise. Denn hier treffen der Ordnungs-Freak Felix auf den schlampigen Oskar, dem er ständig hinterher putzt. Als schließlich Oskar die zwei Schwestern Anja und Tanja einlädt, um mit ihnen Spaß zu haben, lässt der wehleidige Felix die Party platzen. Prompt platzt Oskar der Kragen und er wirft Felix hinaus. Das überraschende Ende soll hier nicht verraten werden.
Betrachtet man sich nur diesen unspektakulären Plot der Handlung, kann er nicht allein für diesen unterhaltsamen Abend im Schlosspark Theater gesorgt haben. Regie und Inszenierung lagen in den Händen von Marten Sand, einem Schauspieler und Regisseur, der bereits mit dem Schlosspark Theater zusammenarbeitete. Und mit dem seltsamen Paar hat er eigentlich alles richtig gemacht. Zuallererst wurde es geschafft, dass vor einem halben Jahrhundert uraufgeführte Stück behutsam in die Gegenwart des Deutschlands im Jahr 2020 zu versetzen, ohne dass die Brillanz dieser Komödie zu leiden hatte. Der Handlungsort wurde von der Hochhauswohnung in New York in eine Datsche auf dem flachen Land verlegt und aus der Pokerrunde wurde eine Skat-Runde. Doch auch in dieser neuen Umgebung schmeckt dieser Cocktail aus blitzgescheitem Sprachwitz und einer tieferen Nachdenklichkeit. Es ist dieser urwüchsige einzigartige Humor, der beim Zuschauer gleichsam Hirn und Herz anspricht. In keiner Minute besteht die Gefahr, in billigen Klamauk abzurutschen. Andererseits wird hier eben nicht belehrend und langweilig der Zeigefinger erhoben, wie es zunehmend nicht mehr ganz grüne Politiker praktizieren, sondern das Rollenspiel in der Beziehung Frau/Mann augenzwinkernd und amüsiert hinterfragt. Die unterhaltsame Aufführung schafft das sehr gut. Die geschickt ausgesuchte begleitende Musik während der Aufführung unterstützt dieses Anliegen. Allerdings wird leider nur einmal kurz die Filmmusik aus dem 1968 gedrehten Streifen angespielt. Dieser ebenfalls berühmt gewordene Sound des Jazz-Komponisten Neal Hefti hätte es verdient, öfter gehört zu werden.
Komödien wie diese von Neil Simon leben und sterben von der Ausstrahlung ihrer Schauspieler. Die beiden Akteure im Film "Das seltsame Paar" haben sicher ganz große Fußstapfen hinterlassen. Ist der Gesichtsausdruck von Walter Matthau, wenn er vom putzenden Felix genervt wird, noch zu toppen? Die beiden Hauptfiguren im Schlosspark Theater Guido Hammesfahr als Oskar und Marten Sand als Felix spielen so befreit, dass sie schon bald ihre so berühmten Vorgänger in den Rollen vergessen machen. Sie lassen die Zuschauer teilnehmen an der Achterbahnfahrt der Gefühle. Auch die beiden anderen Teilnehmer des Freundeskreises an der Skat-Runde, Polizist Manne (Johannes Hallervorden) und Steuerberater Winne (Harald Effenberg) halten die Komödie gut in Schwung und platzieren virtuos ihre Stichworte und Pointen. Währenddessen bietet der kurze Auftritt der Schwestern Taube den Schauspielerinnen (Gesine Sand, Anne-Catrin Märzke) nicht allzu viel Möglichkeiten, beginnend beim Text, der Komödie noch mehr Fahrt zu verleihen.
Das Premierenpublikum im Schlosspark Theater spendete einen lauten anhaltenden Schluss-Applaus und ließ die Schauspieler noch mehrmals auf die Bühne kommen. Schon erstaunlich der laute Beifall der rund einhundert Gäste, denn zu Corona-Zeiten durften nur etwa ein Viertel (!) der Plätze (von 435 nur 105) im Parkett belegt werden. Ein wenig tröstlich war die Idee der Theaterleute, mehrere Dutzend kleine Puppen bestückt mit Masken, Haar-Perücken und bunter Kleidung auf die leer gebliebenen Sitzreihen und Sitzplätze zu setzen. Sie spielten fehlendes Publikum, das aufgrund von Hygiene-Regeln ausgesperrt blieb. Das Haus hat sicherlich schon Premieren mit mehr Stimmung erlebt als zu dem derzeit verordneten Maskenball auf den Gängen und im Restaurant des Theaters. Dennoch sollten möglichst viele Gäste in den nächsten Wochen versuchen, Tickets für diese Komödie noch zu ergattern. Weil es lohnt, diese sehenswerte Ausgabe von dem seltsamen Paar im Schlosspark Theater zu erleben und weil dieses privat organisierte Theater in Berlin ohne Subventionen vom Senat unser aller Unterstützung wert ist.
Text und Foto von Ronald Keusch mit einem Foto von Schlosspark Theater, DERDEHMEL/Urbschat