CHEXX Deine Karriere begann mit einer Veröffentlichung in einem viel beachteten Comicbuch aus Braunschweig - mit gerade mal 15 Jahren. War das ein Motivationsschub?
Timo Würz Aber sicher doch. Nicht jeder hat mit 15 Jahren einen Veröffentlichungsvertrag in der Hand und sieht seine Arbeiten in einem Buch, anstatt zuvor nur in der Schülerzeitung. War schon eine tolle Gelegenheit und ein toller Start.
CHEXX Später folgten eigene Comicalben bei Splitter, Comicplus und Carlsen. Man muss schon sehr gut oder außergewöhnlich sein, um eigene Alben mit damals knapp 20 Jahren unterzubekommen. Wie kam es dazu?
Timo Würz Auch wenn das seltsam klingt: ich hatte nie Probleme, meine Bücher zu veröffentlichen, meist kamen und kommen die Verlage sogar auf mich zu. Ich schätze mich da sehr glücklich und bin dankbar, in dieser Lage zu sein.
CHEXX In CHEXX läuft die Cartoonreihe "Der letzte Henker" von dir. Was hat es auf sich mit dieser Figur?
Timo Würz "Der letzte Henker" erschien zuerst als Nebenfigur in der sehr düsteren Comic-Serie "Black Metal" (Infinity-Verlag, 2001). Meinen guten Freund Gonzo hatte ich für diese Rolle "besetzt": ich finde es amüsant, Nebenfiguren Bekannten von mir nachzuempfinden… zumindest äußerlich. So halte ich mich selbst bei der Arbeit bei Laune. Gonzo hatte hernach so viele Ideen zu der Figur, dass daraus die humoristische Comic-Strip-Serie entstand, die sich großer Beliebtheit erfreute und bald außer in CHEXX und auf einigen Websites unter anderem auch im Satiremagazin "Eulenspiegel" auftauchte. Und das ist erst der Anfang…
CHEXX Du arbeitest auch als Buchillustrator, so etwa für den Heyne Verlag, denn allein vom Comic oder Cartoon zeichnen kann man doch nicht leben?
Timo Würz Ginge schon, war aber noch nie mein Ziel. Nur Comics zu machen, würde mich zu sehr einschränken. Ich bin neugierig auf viele andere Dinge, die meinen Horizont zu erweitern. Aufgrund meiner Neugier und der Bandbreite meiner Arbeiten gleicht mein Job eher einem bezahlten Studium sehr vieler Fachrichtungen als einem geradlinigen Beruf.
CHEXX Werden Comic zeichnende Künstler ernst genommen?
Timo Würz Ja, ich hab noch keine gegenteilige Erfahrung gemacht.
CHEXX Braucht man als Comiczeichner auch Autoren?
Timo Würz Die meisten bestimmt. Auch eigentlich viele von denen, die ihre Sachen selbst schreiben, sollten sich lieber einen Autor suchen. Nichts Schlimmeres als Zeichner, die sich einbilden, alles zu können. Ich denke, ich kenne meine Stärken und Schwächen ganz gut. Kurze Gags und politische Cartoons schreibe ich selbst, das geht. Auch bei der Erarbeitung von Konzepten fühl ich mich recht kompetent. Aber für alles, was darüber hinausgeht, gibt es eindeutig Bessere als mich. Und auf die greife ich dann gern zurück. Vor allem auf das Allround-Talent Niki Kopp, der einen Grossteil der Geschichten geschrieben hat, die ich zeichnerisch bearbeitet habe.
CHEXX Mal freundlich gesagt sind Comiczeichner meist skurril...
Timo Würz Ich bin weder hauptberuflicher noch typischer Comic-Zeichner. Aber wenn die Leser meiner Comics mich das erste mal live kennen lernen, sind sie eher überrascht, um nicht zu sagen, in einzelnen Fällen auch enttäuscht, dass ich eben nicht wie Marilyn Manson aussehe und mit Drogen zu herschwanke, sondern eigentlich ein sehr unterhaltsamer und netter Zeitgenosse bin. Und im Gegensatz mal wieder zum Klischee des introvertierten ruhigen Zeichners sehr gern sehr viel reden kann.
CHEXX Du bist vor allem als schneller Illustrator tätig. Unter anderem hast du für die hiesige Volkswagen Bank Illustrationen angefertigt. Sind Schnelligkeit und Qualität nicht ein Widerspruch?
Timo Würz Zeichnen liegt mir im Blut. Es war schon immer meine Art, mich auszudrücken. Noch bevor ich laufen oder sprechen konnte, habe ich gezeichnet. Nach dreißig Jahren Übung ist man eben besser als zu Anfang. Schnell war ich schon immer. Ich kenne es nicht anders. Wie außergewöhnlich mein Tempo anscheinend ist, merkte ich erst, als mir andere Zeichner fassungslos deswegen zuschauten.
CHEXX CD Cover, Buchillustrationen, Storyboards. Was machst du nicht?
Timo Würz Schafe züchten. Aber ich arbeite dran.
CHEXX Du scheinst ein visuelles Multitalent zu sein - selbst George Lucas und Disney sind in deiner Biographie zu finden. Klär uns bitte auf.
Timo Würz Tja, wer eben alles bei mir anruft… viele Wege der Mundpropaganda kann ich auch nicht nachvollziehen.
CHEXX Deine Welt besteht aus Bildern. Viele Künstler vergessen dabei Zahlen. Wie sehr muss ein Künstler auch Unternehmer sein?
Timo Würz Das Klischee besagt, dass Künstler und Kaufmann gegensätzlich sind. Vermutlich ist Van Gogh an diesem Mythos vom mittellosen Künstler schuld. Zuvor waren Künstler wie Leonardo da Vinci, Michelangelo oder auch Mozart, gelinde gesagt, recht geschäftstüchtig. Als Hohenloher bzw. Baden-Württemberger hat man das Unternehmertum vielleicht auch in den Genen. Ich sehe mich eher als zeichnenden Unternehmer denn als sich selbst managenden Maler.
CHEXX Du malst als Comiczeichner auch Ölbilder. Da rümpfen manche Künstler sicher die Nase?
Timo Würz Nicht, das ich wüsste. Auch Ölbilder und Comics sind wiederum für mich kein Gegensatz (wo doch die meisten meiner Comics eh gemalt sind). Picasso meinte mal, das einzige, was er bereue ist, dass er keine Comics gemacht habe. Und wenn der Meister das schon sagt… Ausstellungen mache ich seit ich vierzehn bin und die meisten Besucher und Käufer dieser Bilder haben vermutlich meine Comics nicht gelesen. Oder kennen meine Arbeiten auf anderen Gebieten und in anderen Branchen nicht.
CHEXX Bilder von Dir sind sogar im Boston Museum Of Art und im San Francisco Museum Of Modern Art zu finden. Macht das stolz und wie kam es dazu?
Timo Würz Ich hab sie dort leider noch nicht selbst gesehen, aber es gibt Augenzeugen. Ich finde es eher amüsant, dass mein Zeug in den USA in Museen zu finden ist und nicht in Deutschland.
CHEXX Apropos Bilder. Das farbenprächtige Tattoo auf deinem Arm - dein Werk?
Timo Würz Entworfen ja, gestochen nein ;o)
CHEXX Welche Frage würdest du dir selber am liebsten mal stellen?
Timo Würz Eine, die ich noch nicht gehört habe. Das versuche ich jeden Tag. Neue Fragen führen zu neuen Antworten.