Carillon-Skandal: Der 6.000,00 Euro-Schaukasten, Monika Grütters und die KBB

Über die skandalösen Vorgänge rund um den Glockenturm Carillon in Berlin Tiergarten berichtete CHEXX bereits mehrfach.
Monika Grütters, Foto von ESDES.Pictures
Monika Grütters, Foto von ESDES.Pictures

Dieser wird von den Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH (KBB) unter Nichteinhaltung der Nutzungsvorgaben betrieben und von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters, mit jährlich 25.000,00 Euro aufgrund von Hauptstadtverträgen, in dem der weithin sicht- und hörbare Turm nicht einmal erwähnt wird, "gefördert". In 2017 gab die Kulturstaatsministerin sogar zusätzliche 51.000,00 Euro an Steuergeldern für ein sogenanntes "Carillon Festival" aus, obwohl ein öffentliches Interesse am dauerlärmenden Glockenturm so gut wie nicht vorhanden ist. CHEXX liegt der Ausgabenplan für das "Festival" samt Bescheid für die Bundeszuwendung mit dem Zeichen ZMV I 2 - 2517KE29C vom 23.3.2017 vor. Zuwendungsempfänger der 51.000,00 Euro ist der seit 1987 im Turm tätige "Carilloneur" persönlich. Im Ausgabenplan findet sich unter "Sonstige Kosten" auch die Position "Carillonschaukasten 6.000,00 Euro". Eine Summe, die von Kulturstaatsministerin Grütters als "angemessen und notwendig erachtet" wurde. Da vor dem schwarzen Turm ein Schaukasten aufgestellt wurde, fragte CHEXX bei der KBB nach. Die Presseanfragen und die Antworten der KBB nachfolgend in wortwörtlicher, thematischer Dokumentation.

Reportage in CHEXX 2018

Der Schaukasten und die KBB

Frage, Magazin CHEXX an die KBB, 15.1.2018: "Vor dem Carillon wurde ein Kasten aufgestellt, in dem ein Foto vom "Carilloneur" [...] und zwei kopierte Zettel mit einem Hinweis auf zukünftige "Konzerte" zu sehen sind. Wann fand die Ausschreibung dazu statt? Wie hoch waren die Kosten? Von wem wurde der Kasten bezahlt bzw. wo wurden die Kosten dazu verbucht? Ich bitte um Übersendung des Finanzplans."

Antwort, KBB, 16.1.2018: "Folgende Antwort kann ich Ihnen weitergben: Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir angesichts der vielen Anfragen, die uns erreichen, den Hintergrund Ihrer Fragen zunächst nicht nachzuvollziehen können. Wir würden Sie daher bitten, uns zu erläutern, inwieweit die Beantwortung Ihrer Fragen Ihren öffentlichen Aufgaben als Vertreter der Presse sowie dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit dienen kann. Insbesondere Ihr Interesse als Pressevertreter bitten wir an dieser Stelle darzulegen. Auch würden wir Sie bitten, uns eine Kopie Ihres aktuellen Presseausweises zukommen zu lassen. Sollten wir ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit erkennen können, stellen wir uns gern dem Aufwand, Ihre Fragen zu beantworten."

"Sollten wir ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit erkennen können, stellen wir uns gern dem Aufwand, Ihre Fragen zu beantworten."

Frage, Magazin CHEXX an die KBB, 18.1.2018: "Ob Sie als KBB etwas nicht nachvollziehen oder nicht erkennen können, ist nicht von Belang. Gemäß Presserecht erwarte ich eine Antwort von der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin (KBB) GmbH. Auch nach dem Informationsfreiheitsgesetz wären Sie verpflichtet, entsprechende Auskünfte zu geben."

Antwort, KBB, 22.1.2018: "Künstlerische Leistungen unterliegen nicht dem Vergaberecht, diese Leistungen können frei vergeben werden."

Frage, Magazin CHEXX an die KBB, 22.1.2018: "Der Kauf und die Aufstellung eines Kastens, in dem Zettel aufgehängt werden, ist keine künstlerische Leistung, sondern muss ausgeschrieben werden. Wann fand die Ausschreibung dazu statt und wie hoch waren die Kosten?"

Antwort, KBB, 26.1.2018: "Der Informationskasten wurde vor Gründung der KBB aufgestellt und durch das Land Berlin beschafft. Bitte wenden Sie sich an die dort zuständigen Mitarbeiter. Die Unterlagen dürften aber älter als 10 Jahre und damit vernichtet sein."

Frage, Magazin CHEXX an die KBB, 26.1.2018: "Dieser Kasten (siehe Foto-Anhang) wurde nicht neu aufgestellt?"

Reportage in CHEXX 2018

Frage, Magazin CHEXX an die KBB, 29.1.2018: "Wann darf ich mit einer Beantwortung meiner Frage (samt Foto) vom 26.1.2018 rechnen?!"

Antwort, KBB, 30.1.2018: "Hier handelt es sich um ein Missverständnis. Der Kasten, den Sie meinen wurde tatsächlich neu aufgestellt. Dieser wurde von der KBB im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens angeschafft."

Frage, Magazin CHEXX an die KBB, 30.1.2018: "Dann wird mir die KBB sicherlich auch Informationen geben können, wann die Ausschreibung dazu stattfand, wer den Auftrag wann erhielt und welche Kosten entstanden sind?!"

Erinnerung, Magazin CHEXX an die KBB, 1.2.2018: "Weiterhin erinnere ich nochmals an die Beantwortung meiner Frage vom 30.1.2018."

Erinnerung, Magazin CHEXX an die KBB, 7.2.2018: "An die Beantwortung meiner Fragen möchte ich hiermit erinnern."

Reportage in CHEXX 2018

Frage, Magazin CHEXX an die KBB, 14.2.2018: "Wie Sie wissen, sind Sie als KBB gesetzlich verpflichtet, entsprechende Auskünfte zu folgenden Fragen zu geben. Im Übrigen zeitnah. Von daher nochmals meine von Ihnen bislang nicht beantwortete Frage vom 15.1.2018 zu dem in 2017 aufgestellten Kasten mit dem Foto des "Carilloneurs": Wann fand die Ausschreibung dazu statt? Wie hoch waren die Kosten? Von wem wurde der Kasten bezahlt bzw. wo wurden die Kosten dazu verbucht? Ich bitte um Übersendung des Finanzplans. Sie haben am 30.1.2018 lediglich geschrieben, dass der Kasten im Rahmen "eines öffentlichen Vergabeverfahrens angeschafft" wurde. Neben der Beantwortung meiner Fragen bitte ich Sie, mir die Vergabenummer mitzuteilen und wann die Vergabe veröffentlicht wurde."

"Rechtlich passen Ihre Fragen daher nicht ..."

Antwort, KBB, 14.2.2018: "Folgende Antwort leite ich Ihnen weiter: Wir fürchten, dass hier ein Missverständnis vorliegt, welches uns die Beantwortung Ihrer Fragen unmöglich macht. Es handelt sich bei dem Schaukasten um eine Leistung nach VOB und nicht nach VOL. Rechtlich passen Ihre Fragen daher nicht zu der einschlägigen Vergabeart. Wir schlagen daher vor, Sie arbeiten sich in die VOB ein mit den entsprechenden Schwellenwerten und präzisieren Ihre Fragen."

Frage, Magazin CHEXX an die KBB, 14.2.2018: "Laut Ihrer Mail vom 22.1.2018 ist der Kauf und die Aufstellung eines Kastens, in dem Zettel aufgehängt werden, für Sie erst "eine künstlerische Leistung". Dann, laut Ihrer Mail vom 26.1.2018 wurde der Informationskasten "vor Gründung der KBB aufgestellt und durch das Land Berlin beschafft". Dann, laut Ihrer Mail vom 30.1.2018, handelte es sich um ein "Missverständnis" und der Kasten "wurde tatsächlich neu aufgestellt" und angeblich von "der KBB im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens angeschafft". Und am 14.2.2018 schreiben Sie, dass auch hier ein "Missverständnis vorliegt", welches Ihnen die Beantwortung der Fragen "unmöglich macht", da es "sich bei dem Schaukasten um eine Leistung nach VOB" handelt. Ich möchte von Ihnen wissen, wann der Kauf und die Aufstellung des Kastens ausgeschrieben oder zur Vergabe veröffentlicht wurde. Wann der Kauf und die Aufstellung des Kastens in Auftrag gegeben wurde. Wer den Auftrag erhielt. Was das gekostet hat und wer den Kasten bezahlte. Wo diese Kosten verbucht wurden - samt entsprechender nachvollziehbarer Auftrags- und/oder Vergabenummern sowie dazugehörenden Belegen."

Antwort, KBB, 19.2.2018: "Die Vergabe des Schaukastens erfolgte - wie bereits ausgeführt - auf Basis der VOB. Auf dieser gesetzlichen Grundlage ist bei diesem finanziellen Umfang eine freihändige Vergabe möglich. Der Schaukasten hat 1.150,00 € gekostet und wurde durch die KBB über das technische Budget beschafft."

Frage, Magazin CHEXX an die KBB, 19.2.2018: "Können Sie mir nun noch das Datum nennen, wann der Schaukasten angeschafft wurde?!"

Antwort, KBB, 20.2.2018: "Der Schaukasten wurde im Mai 2017 angeschafft."

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