Stündlich ab acht bis 19 Uhr und jedes Wochenende zusätzlich über Stunden. Das ist asozial, Anwohner krank machend und für Erholung suchende Spaziergänger im Tiergarten nervend. Und es ist ein weiterer Rechtsbruch.
Es ist eine Verhöhnung von Künstlern und Veranstaltern, die sich an die Regeln halten, die ihre wirtschaftlichen Existenzen dahinsiechen sehen.
Es ist eine Verhöhnung von Kultur und Recht.
Eigentlich ist es somit ein Fall für das von Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel, Grüne, geführte Ordnungsamt in Berlin Mitte, sich in Bewegung zu setzen, das Veranstaltungsverbot der "Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus in Berlin" durchzusetzen und den sowieso illegalen Spuk endlich zu beenden. Doch Fehlanzeige.
Ausgerechnet von Dassel, der noch 2016 in seiner Bewerbung zum Bezirksbürgermeister großspurig behauptete, "für die Anliegen und Probleme der Menschen in Mitte immer zuständig sein zu wollen", der sich beklagte über ein "perverses Verständnis von öffentlichem Dienst, Probleme nicht sofort zu lösen, sondern erst eskalieren zu lassen, bevor gehandelt wird" und der sich auch über Vetternwirtschaft und Filz ausließ, ignoriert mit seinem Ordnungsamt zudem eindeutige Dokumente, die den Betrieb des lärmenden Turms rechtlich so gar nicht zulassen.
"Legal, illegal, scheissegal" hat rund um diesen unseligen Glockenturm Tradition. Denn dieser wird von der bundeseigenen Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH (KBB), die auch die Berlinale ausrichtet, schon lange, nachweisbar, nicht rechtskonform betrieben. Aber bei der KBB nimmt man es mit den Dingen halt nicht so genau. Konsequenzen sind nicht zu befürchten, ist man doch bestens finanzierter Teil eines beispiellosen Filzes.
Denn mit zigtausenden Euro an Steuergeldern wird der lärmende Glockenturm durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, kurz BKM, unter Kulturstaatsministerin Monika Grütters, CDU, über die KBB "gefördert". Die neben ihren fast 30 Posten und Pöstchen wiederum auch Aufsichtsratsvorsitzende eben dieser ebenfalls nur durch Steuergelder der BKM existierenden KBB GmbH ist.
Und zu dieser indirekten sowie zur direkten "Förderung" über die BKM des seit über 30 Jahren im Turm agierenden Glöckners gibt es nach wie vor ungeklärte, hochbrisante Fragen rund um Abrechnungen und fragwürdige Vorgänge.
Aber all das interessiert Monika Grütters, für manche Prototyp eines Politikers der Sorte "alte weiße Männer", nicht. Für eindeutig deklarierte Pressefragen dazu erließ die ignorante, genervte Kulturstaatsministerin einen Kostenbescheid über erst 200 Euro, dann 400 Euro. Dass dieser Angriff auf die Pressefreiheit nicht hinnehmbar und inzwischen Gegenstand einer Klage ist, versteht sich von selbst. Dass die BKM mit ihrem missbräuchlichen, willkürlichen Kostenbescheid durchkommt, glaubt allerdings selbst im Grütterschen Hofstaat niemand.
Das Land krankt nicht nur an Corona, sondern an ignoranter, bürgerfeindlicher Verwaltung wie der rund um von Dassel und an nicht minder bürgerfeindlichem Filz wie den rund um die Politikerin Grütters, die zuletzt nur auffiel, als sie, Corona in Deutschland schon angekommen, noch über den Roten Teppich der von ihr als Kulturstaatsministerin finanzierten Berlinale stolzieren musste. Nicht erst Corona legt frei, wer eine Zumutung in mit Steuergeldern finanzierten Amt und vermeintlichen Würden ist.
Frohe Ostern.