Im Gespräch mit ... The Discoboys

Den endgültigen Durchbruch schaffte das DJ-Team The Discoboys mit dem remixten Manfred Mann-Song "For You", der seit einem Jahr in den Discos rauf und runter läuft. Ob sie den Erfolg toppen können? Wir fragten nach, denn im Januar kommt ihre wunderbare neue CD "Hey St. Peter" auf den Markt.

The Discoboys
The Discoboys

CHEXX Seit 1986 seid ihr als DJs in der Techno- und Trance-Szene an den Plattentellern. Nach fast 20 Jahren ist inzwischen sicher eine große Freundschaft zu eurem Ohrenarzt entstanden?

Gordon Nein, aber das kommt sicher noch. Wir haben uns zwar mal Ohrstöpsel anfertigen lassen, aber irgendwie macht das Auflegen damit nicht so viel Spaß. Schließlich will man die Musik ja auch hören.

Raphael Ich geh regelmäßig zum Ohrenarzt. Kein Problem.

CHEXX Bis Mitte der 80er Jahre waren DJs alles andere als die Stars der Nacht. In wieweit hat sich über die Jahre die DJ-Kultur verändert?

Gordon Früher war es ja eher so, dass die Klassen-Nerds den DJ gemacht haben, während die anderen Jungs mit den Mädels geknutscht haben. Als DJ war man der Dumme, der als Erster kam und als Letzter ging. Heute machen wir die Erfahrung, dass konzertähnliche Zustände herrschen, wenn wir auflegen. Wir hätten zum Beispiel nie gedacht, dass es mal Leute geben würde, die Autogramme von uns wollen. Unsere Autogrammkarten waren als Scherz gedacht. Wir hatten keine Platten draußen. Also haben wir auf Flyer der Clubs, in denen wir auflegen, auf die Rückseite geschrieben.

Raphael Grundsätzlich hat sich die DJ-Kultur auch zum Nachteil der Clubs verändert, weil viele Clubs sich von erfolgreichen Veranstaltern und bekannten DJs abhängig gemacht haben. Ich finde die Rolle des DJs überbewertet. In den 80ern wer DER Club das Event und die Musik deswegen keinesfalls schlechter.

CHEXX Wie lässt sich die Arbeit eines DJ überhaupt beschreiben? Ist es wirkliche Arbeit für euch oder Spaß, mit dem man Geld verdienen kann?

Gordon Früher war das Spaß, heute leben wir davon. Es ist aber mittlerweile ein Fulltime Job, der wesentlich mehr umfasst, als das Auflegen am Wochenende. Das ist nur die Sahne auf dem Kuchen. Die Arbeit als DJ geht weit darüber hinaus: Wir produzieren, remixen, müssen Platten hören und kaufen, Charts schreiben und verschicken, Mix-CDs machen, mit der Plattenfirma sprechen, Interviews geben... und vieles mehr.

Raphael Spaß macht es natürlich immer noch, aber die Grundlage für diesen "Job" ist sicher auch eine Art Profilneurose, sonst würde man den Druck jeden Abend auf einer Bühne zu stehen und letztendlich den Erwartungen von 1.000 Gästen gerecht zu werden, nicht ertragen. Dieser Erwartungsdruck wird übrigens umso größer, je bekannter man ist.

CHEXX Welche Eindrücke bleiben, wenn man bei Events wie der Loveparade, der Nature One oder der Mayday an exponierter Stelle, also hinter den Plattentellern, gestanden hat?

Gordon Das sind Gefühle, die man nicht beschreiben kann. Als Eindruck bleibt am Ende das Menschenmeer, was sehr beeindruckend ist. Aber ein Gig in einem kleinen Club, wo man noch die Gesichter der Tanzenden erkennen kann und Kommunikation stattfindet, gibt mir persönlich mehr.

Raphael Ab einer Menge von 1.000 Gästen wird es automatisch immer kommerziell, weil die Zielgruppe der echten House-Liebhaber nun mal sehr begrenzt ist. Außerdem schloss sich bei vielen "Eingeweihten" immer schon aus, sich einer Masse anzuschließen, wie bei den genannten Veranstaltungen.

CHEXX Die Loveparade ist ziemlich tot, die Spaßgesellschaft angeblich auch und Techno und Trance werden ebenso oft totgesagt. Eure Partys hingegen sind sehr lebendig?!

Gordon Das stimmt. Unsere Parties sind seit geraumer Zeit fast ausnahmslos gut besucht. In vielen Clubs halten wir sogar den Besucherrekord. Wir wissen zwar nicht, was unsere Magnetwirkung ausmacht, wir hoffen aber, dass das noch eine Weile so bleibt.

Raphael Den Grund dafür sehe ich darin, dass sich in den genannten Musikrichtungen in den letzten 15 Jahren nicht wirklich viel getan hat, und sie somit immer unglaubwürdiger werden. Unser Erfolg liegt sicher auch darin, dass wir viel konzeptioneller an die Sache gehen und uns auch als Dienstleister und Entertainer verstehen. Die Selbstverwirklichung ohne Rücksicht auf die Außenwirkung hatte bei uns nie Priorität.

CHEXX Was ist das skurrilste, was euch bei einem Event widerfuhr?

Gordon Das war vielleicht am letzen Wochenende in Saarbrücken beim Electricity Festival. Unsere Veranstaltung war ausverkauft und fand in der VHS statt. VHS war kein cooler Club, sondern wirklich die Volkshochschule, wo normalerweise Yoga- und Bastelkurse gehalten werden. Darum auch ohne Klimaanlage, was bei dem Andrang zur Folge hatte, dass in dem Raum bald saunaähnliche Temperaturen waren. Der Veranstalter schlug dann vor, dass wir für zehn Minuten die Musik ausmachen, damit die Fenster zum Durchlüften geöffnet werden können. Gegen drei Uhr hat er sich dann durchgesetzt - und wir sind zurück ins Hotel.

Raphael Ich finde es generell skurril, dass uns mache Gäste scheinbar ernster nehmen als wir uns selbst.

CHEXX Mit Manfred Mann's "For You" habt ihr einen unglaublichen Erfolg hingelegt. Hat Manfred Mann schon gratuliert?

Gordon Nö, der hat eigentlich nur kassiert. Natürlich ist er als Originalinterpret an den Einnahmen beteiligt.

Raphael Ich denke, er bekommt von dem Ganzen gar nichts mit.

CHEXX Wie kam es zu diesem Remix?

Raphael Ich hatte die Idee, diesen Song für die Tanzfläche aufzupolieren. War ursprünglich nur als Bootleg - also reines DJ Vinyl ohne Klärung der Rechte - geplant, kam dann aber so gut an, dass wir quasi gezwungen wurden, die Platte raus zubringen.

CHEXX Über Tauschbörsen wie emule oder edonkey müsstet ihr euch angesichts des "For You"-Erfolgs ziemlich ärgern?

Gordon Da hat die Musikindustrie ja Gott sei dank endlich reagiert und bietet die Titel günstig als Download an. Mittlerweile gibt es sogar Charts, in denen "For You" noch immer in den Top 20 ist. Die Maxi CD ist ausverkauft.

Raphael Durch diese Entwicklung und die dadurch zwangsläufige Entwertung des Produkts Tonträger wird der Clubbesuch und das Live-Erlebnis umso interessanter. Das bekommen wir zu spüren.

CHEXX Ihr habt eine eigene Sendung bei dem Radiosender Sunshine Live, der hier in der Region leider nur über Satellit zu oder via Internet empfangen ist. Wann läuft eure Sendung und was passiert da?

Gordon Die Sendung gibt es mittlerweile nicht mehr. Wir waren einmal im Monat sonntags live im Studio. Aufwand und Ergebnis waren für uns leider zu weit auseinander.

Raphael Ich sehe es auch ein bisschen so, dass ein ähnliches Set von uns wie im Club nicht wirklich ins Radio gehört. Sinn machen würde vielmehr ein musikalisches Konzept, was wir nicht im Club umsetzen können.

CHEXX Im Januar kommt eine neue Compilation von euch auf den Markt. Welche Überraschungen wird es geben?

Gordon Lasst euch überraschen. Wir stecken derzeit mitten in der Vorbereitung und können noch gar nichts verraten, selbst wenn wir wollten. Nur so viel: Der "For You" Nachfolger wird auch mit drauf sein.

CHEXX Danke für das Interview.

Marc Vorwerk ist einer der Topfotografen in Berlin und begeistert mit seinen Werken Wirtschaft, Politik und Kultur.
An dieser Stelle gibt es im Wechsel sein bestes Foto exklusiv bei CHEXX.

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