Innovationen - das Salz in der Suppe

Unterhaltungselektronik und Haushaltstechnik mit viel Zuversicht bei der IFA 2023.

Foto von ESDES.Pictures
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Im Jahre 2 nach den Covid-Pandemie-Maßnahmen will bei der am ersten September eröffneten IFA in Berlin niemand mehr über die drei Jahre lange verordnete Zwangspause sprechen. Vielleicht auch deshalb, weil das Virus laut WHO schon wieder um die Ecken lugt, auch hier in Charlottenburg. Noch vor einem Jahr startete die IFA, die wichtigste Plattform für Consumer Electronics und Home Appliances weltweit, mit reduzierten Ausstellungsflächen. Einige namhafte Marken glänzten noch pandemie-bedingt mit Absagen. Auch die damalige Beteiligung von insgesamt 1100 Aussteller fiel recht bescheiden aus. Die diesjährige traditionelle Pressekonferenz konnte dagegen schon zwei Tage vor Eröffnung der IFA in die Erfolgsposaunen blasen. Der neue IFA-Messe-Chef Oliver Merlin verkündete: Die 26 Messe-Hallen mit ihren 130.000 Quadratmetern Fläche sind ausverkauft. Und auch die Zahl von insgesamt 2055 Ausstellern ist mehr als beeindruckend. Außerdem werden 180.000 Besucher erwartet. "Wieder volle Hütte in Berlin" schrieben einige Journalisten begeistert.

Licht am Ende des Tunnels zu sehen

Da wurde die Stimmung auf der Pressekonferenz auch nur wenig durch statistische Zahlen beeinträchtigt. Die lieferte Geschäftsführerin Dr. Sara Warneke vom IFA-Mitveranstalter, der Gesellschaft zur Förderung der Unterhaltungselektronik in Deutschland (gfu). Das Geschäft der Branche musste nach Umsatzeinbrüchen im letzten Jahr auch Rückgänge in fast allen Weltregionen verkraften, davon in Westeuropa um sechs Prozent und Osteuropa sogar fast 20 Prozent. Doch die Märkte, so Warneke, stabilisieren sich und es ist das berühmte Licht im Tunnel schon zu sehen. Verstärkte Performance soll all das voranbringen. Dafür spreche auch, dass die IFA positive Zeichen setze, da 30 Prozent des Umsatzes auf neue Kunden entfalle, die bislang noch nicht auf der IFA ausgestellt haben. Nun hoffe man auf ein Wachstum auch durch Neugeschäfte. Positives Denken ist gerade in solchen wirtschaftlichen Zeiten wie heute angesagt. Bedenklich ist allerdings die schrumpfende Kaufkraft in Westeuropa und besonders auf dem deutschen Markt.

100 Jahre IFA-Jubiläum im Jahr 2024

Wenn in Berlin die 99. Internationale Funkausstellung IFA stattfindet, stellt sich automatisch die Frage nach dem Jubiläum im Jahr 2024. Das einhundertjährige Jubiläum wird vom 6. bis zum 10. September 2024 hier auf dem Messegelände begangen, so verkündete das IFA-Management. Die Messe soll nicht nur informieren, sondern noch viel mehr inspirieren, verstärkt die junge Generation ansprechen und die großen Zeitgeist-Themen Nachhaltigkeit, Künstliche Intelligenz (KI) und Transformation weiter bedienen. Auch soll es, wie in früheren Jahren, dann im IFA-Jubiläumsjahr wieder Konzerte im Sommergarten auf dem Messegelände geben.

English only

Schließlich wurde auf der Pressekonferenz auch die Frage gestellt, warum auf dieser Veranstaltung in Berlin nur englisch und kein Wort deutsch gesprochen wurde. Es gab auch keine Kopfhörer mit Simultan-Übersetzung. Die Antwort darauf lautete knapp, dass die IFA eine internationale Veranstaltung sei. Übrigens wurde im Verlauf der Pressekonferenz auch deutsch gesprochen, insgesamt drei Worte: Am Anfang das Wort "Willkommen" und am Ende die Worte "Tschüss" und "Auf Wiedersehen". Wie es sich gehört, machte am Eröffnungstag die politische Prominenz von Berlin mit Bürgermeister Kai Wegner und Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey ihre Aufwartung. Sie durften nahezu durchgängig während des traditionellen Rundganges deutsch sprechen.

Giffey: IFA entwickelt Versechsfachte Kaufkraft?

Der Rundgang startet in der Halle 27 am großen Stand von Panasonic. Hier wurden sie von Philipp Maurer begrüßt. Er steht seit einem Jahr bei Panasonic als Country Manager für die Region DACH in der Verantwortung und wurde jüngst zum Vorsitzenden der gfu gewählt. Als Inhaberin der Markenrechte an der Leitmesse IFA kommt der gfu eine Schlüsselrolle in der Branche zu. Wirtschaftssenatorin Giffey setzte folgende Akzente in ihrem Statement: "Wir können zeigen, dass Berlin der Innovations- und Technologiestandort in Europa ist." Außerdem werden hier für die Zukunft der grünen Technologien die Weichen gestellt. Schließlich rechnete sie vor, dass jeder Euro, der in den Messetagen bis zum 5. September als Verkaufsumsatz und Investitions-Euro ausgegeben wird, sich in der Stadtrendite versechsfacht. Damit werde hier eine Versechsfachte Kaufkraft entwickelt. Hat sie richtig gerechnet?

Rekord: 300 Startup auf der IFA 2023

Der Schweizer Spitzenmanager von Panasonic Maurer betonte vor allem, dass in diesem Jahr die IFA innovativer denn je an den Start geht. Mehr als 300 Startup-Unternehmen präsentieren sich. Damit hat sich ihre Zahl gegenüber dem letzten Jahr verdreifacht. Innovationen sind mehr denn je gefragt, in der Messe "das Salz in der Suppe." Und mit Blick auf das hundertjährige Jubiläum der IFA stellt er die rhetorische Frage: Welche Branche kann von sich behaupten, dass eine ihrer Messen von Albert Einstein eröffnet wurde?

Der faltbare Bildschirm aus China

Die Geschichte der Funkausstellung hat als Vorzeigemesse der Hauptstadt tiefe Fußspuren hinterlassen. Hier wurde 1932 das erste Autoradio präsentiert, 1967 das Farbfernsehen mit dem berühmten Knopfdruck von Willy Brandt gestartet, CD und Videorecorder feierte Premiere. Eine Jahrhunderterfindung war in diesem Jahr nicht zu erwarten, dennoch können sich viele Aussteller mit ihren Innovationen sehen lassen. Da ist die 2012 in Kalifornien gegründete Weltfirma Jackery mit neuen Varianten ihrer Solar-Generatoren vertreten. Sie liefert mit ihren portablen Solarpanelen grünen Strom und leistet einen wichtigen Beitrag auf dem weiten Feld der Nachhaltigkeit. Eine Weltneuheit präsentiert das chinesische Unternehmen Honor: Es zeigt auf der IFA erstmals in Europa sein neues faltbares Smartphone Magic V2. Auseinandergefaltet ist es weniger als 5 Millimeter dünn und mit neuartigen superflachen Akkus ausgestattet. Das Berliner Unternehmen und Fritzbox-Hersteller AVM präsentiert in seinem Programm neben Routern für DSL, Glasfaser und Kabel erstmals einen Tür/Fensterkontakt für das Smartphone. Damit können gekippte Fenster und Türen erkannt und dann Thermostate angesteuert werden, um zum Beispiel die Heizung herunterzuregeln, sobald ein Fenster offen ist, und wieder hochzufahren, nachdem das Fenster geschlossen wurde. Der bayrische Küchen-Kleingerätehersteller Ritterwerk beteiligt sich an dem Startup Beezer. Es zeigt auf der Messe Geräte zur Kühlung von Getränken in kürzester Zeit und verspricht zehn Mal schneller zu sein als die Gefriertruhe. Und nicht fehlen darf das neueste Smart-Home-Gerät vom Unternehmen Dreame, einem vollautomatischer Reinigungsroboter, der mit zwei Hochgeschwindigkeits-Rotationsmopps sowohl den Boden säubert als auch sich selbst reinigt. Doch die IFA präsentiert nicht allein neue Geräte und Technologien, sondern wagt auch einen Blick in die Zukunft. So versammelten sich auf der IFA-Bühne KI-Experten wie der niederländische Youtuber Jordi van den Bussche, besser bekannt als Kwebbelkop, der sich künftig auf seinem YouTube-Kanal von der Künstlichen Intelligenz vertreten lassen will, oder Ivana Bartoletti, Global Data Privacy Officer der Firma Wipro, die zu den Themen Datenschutz und Sicherheit im globalen Informationsaustausch referierte. Von Mobiltelefon und Fernsehern bis zu Waschmaschinen, Staubsaugern und Backöfen: die Künstliche Intelligenz scheint überall Einzug zu halten. Es bleibt abzuwarten, ob all das, was auf der Elektronikmesse als aktueller Trend präsentiert wird, dann auch in den Haushalten Einzug halten wird.

Die ARD hat Tschüss gesagt

Für die beiden Gäste aus der Politik gibt es neben den vielen technischen Neuheiten der Branche im Vergleich zum Vorjahr noch zwei weitere Änderungen. Der langjährige Veranstalter, die Berliner Messe, hat ausgedient und ist nur noch Vermieter des Messegeländes. Für die IFA ist jetzt die IFA Management GmbH verantwortlich, ein Joint Venture, hinter dem die gfu und der Londoner Investor Clarion Events stehen. Und auch die ARD hat Tschüss gesagt und präsentiert sich nicht mehr auf der IFA. Es sei nun Zeit für neue Dialogformate, so die ARD-Intendanten, um unmittelbarer und kontinuierlich mit allen Menschen im Gespräch zu bleiben. Da werden viele Beobachter den "Intendanten-Fürsten" des Öffentlich-Rechtlichen eher empfehlen, angesichts wachsender Probleme bei Akzeptanz und Einschaltquoten, doch alle möglichen Kanäle zur Kommunikation mit ihren Gebührenzahlern zu nutzen. Aber die öffentlich-rechtlichen Aussteller - traditionell waren sie in früheren Jahren in der Halle 2.2 – waren auch in der Vergangenheit nicht Ziel des Rundgangs der Eröffnungsgäste, insofern hat sie vermutlich auch niemand vermisst.

Die Köpenicker Kicker auf der IFA in Charlottenburg

Das IFA-Management hat sich manches einfallen lassen, um Besucher anzulocken und sich zugleich auch auf eine originelle Weise dem Thema Nachhaltigkeit gewidmet. Vom Team des Repair-Café Berlin-Zehlendorf konnten sich IFA-Besucher am Samstag kleine Haushaltsgeräte reparieren lassen. Und in einem Sustainability Village, neudeutsch Nachhaltigkeits-Dorf, stehen die Themen Reparatur und Generalüberholung statt Neukauf sowie Langlebigkeit durch kontinuierliche Updates im Vordergrund. Und wer hätte jemals gedacht, dass die IFA-Veranstalter für die Imagepflege auf das Messegelände Fußballer des legendären 1. FC Union zu einer Präsentation einladen? Die Köpenicker Kicker aus dem Osten Berlins werden als prominente Stars am 4. September vormittags in der Hertha Hochburg Charlottenburg präsentiert. Die Champions-League und neue IFA-Chefs machen es möglich.

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